Als ich mit 4 Jahren, nach meiner ersten Operation am Ohr, das Krankenhaus verlassen durfte,wußte meine Familie noch nicht das ich nun schwerhörig war. Da ich aber oft fragte warum die Leute so leise reden war es bald klar. Beim Verbandwechsel in der Klinik sprach meine Mutti den Arzt darauf an. Der antwortete dann:
Ihr Kind ist schwerhörig, wußten Sie das nicht?
Nein, Sie wußte nicht das meine Gehörknöchelchen durch das Eiter und durch ein Perlgeschwulst (Cholesteatom) zerstört wurden. Da es eine Not-OP war musste alles sehr schnell gehen. Es gab auch nur ein kurzes Aufklärungsgespräch. Doch die Hörschädigung war zum Glück kein großer Schock für meine Eltern. Der Bruder von meiner Mutti war von Geburt an gehörlos und somit war es für Sie kein großes Problem.
Nach dem ich ein paar Monate später auch auf den anderen Ohr operiert werden mußte und nun auch dort mein Gehör zum Teil verloren hatte, bekam ich mit 7 Jahren mein erstes Hörgerät.
Als ich in einer Deutschstunde eine sinnliche Geschichte schreiben sollte, habe ich darüber geschrieben wie ich die Schwerhörigkeit und mein erstes Hörgerät erlebt habe.
Hören
Was ist hören? Hören ist mehr als nur akustische Wahrnehmung seiner Umgebung. Es ist wichtig für die Kommunikation mit anderen Menschen. Ohne Kommunikation vereinsamt der Mensch. Wer einmal eine Zeitlang nichts gehört hat weiß wovon ich rede.
Mit vier Jahren verlor ich mein Gehör. Es folgten drei Jahre in der ich meine Welt wie durch eine Glasglocke erlebte. Es gab für mich kein Vogelgezwitscher mehr, keine plätschernden Regentropfen, keine wiehernden Pferde mehr. Es gab für mich einfach fast keine Geräusche mehr. Doch schlimmer war es, das es auf einmal auch die Stimme meines Vaters, meiner Mutti nicht mehr gab. Auch die Stimme meiner Schwester gab es nicht mehr. Meine große Schwester legte ihren Kopf auf den Bauch unserer schwangeren Mutter um den Herzschlag unserer ungeborenen Schwester zu hören. Ich tat es auch, doch ich hörte nichts. Ich spürte es nur.
Doch an einen Januartag des Jahres 1987 bekam ich mein Gehör wieder. Meine Eltern und ich fuhren dazu nach Halle. Ich wusste es damals nicht was für eine Überraschung dort auf mich warten würde. Ich bekam Kopfhörer auf. Das war für mich nichts neues, denn ich war die Hörtests mittlerweile gewohnt. Über den Kopfhörer bekam ich verschiedene Geräusche zu hören. Zum Beispiel das Summen einer Biene, das Brummen eines Bären oder das Piepsen eines kleinen Vogels. Jedes mal, wenn ich ein Ton hörte, durfte ich mir einen Baustein nehmen und auf die andere Seite legen. Nach den Hörtest mussten meine Eltern und ich im Wartesaal warten.
Als wir wieder rein durften, bekam ich auf einmal ein Gerät umgebunden. Ich war erstaunt, ließ es mir aber gefallen. Doch als sie das Gerät einschalteten, hörte ich auf einmal eine Stimme. Ich war erst mal erschrocken und schaute wo die Stimme plötzlich herkam. Doch ich merkte schnell das es die Stimme meiner Mutti war. Ich war total glücklich als würden Geburtstag und Weihnachten auf einen Tag fallen. Ich wollte nur noch schnell nach Hause, damit keiner mir das Wundergerät wieder wegnehmen konnte. Für ein weiteren Hörtest war ich nicht mehr bereit.
Während der Autofahrt durfte ich es leider nicht benutzen. Doch kaum waren wir zu Hause verlangte ich wieder nach meinem Hörgerät. Ich wollte endlich wieder die Stimme meiner Eltern und meiner Schwester hören. Obwohl ich mich erst langsam daran gewöhnen sollte, war es von dem Tag an mein ständiger Begleiter. Am nächsten Tag hörte ich zum ersten mal das Lachen, Weinen und Schmatzen meiner damals zwei Monaten alten Schwester. Ich hatte es bis dahin noch nie gehört. In den ersten Tagen gab es für mich akustisch viel neues zu entdecken. Immer, wenn ich ein mir unbekanntes Geräusch hörte, wollte ich es wissen, woher es kam. Dazu fragte ich auch oft meine Mutti. Doch mir wurde es nicht zu viel. Ich strahlte übers ganze Gesicht wie ein kleiner König. Das Gerät hatte ich dann fast sieben Jahre, bis es dann bessere gab. Diese Zeit werde ich nie vergessen, und das Hören wird immer etwas besonderes für mich sein.
Ich mit meinen ersten Hörgerät